Was ist der Nutri Score und warum wurde er ins Leben gerufen?
Vielleicht hast du ihn schon auf so manchen Lebensmittelverpackungen entdeckt: Der Nutri Score wird von einigen großen und kleinen Firmen bereits genutzt. Er soll dabei helfen, eine gesündere Wahl für die Ernährung zu treffen.
Ein grünes A oder B kennzeichnet dabei das Produkt, zu dem man häufiger greifen sollte, da es hinsichtlich seiner Zusammensetzung ernährungsphysiologisch empfehlenswerter ist. Produkte mit einem orangenen D oder roten E hingegen sollten seltener verzehrt werden. Das Orange oder Rot zeigt an: Nur gelegentlich und in Maßen genießen.
Dadurch hilft der Nutri Score vor allem denen, die sich nicht allzu gut mit dem Thema Ernährung auskennen. Er bietet eine stark vereinfachte Orientierungshilfe und unterstützt beim Vergleich zwischen Produkten aus der gleichen Kategorie. Eine Fertigpizza des einen Herstellers kann eine komplett andere Bewertung haben, als ein vergleichbares Produkt eines anderen Herstellers. Auf diese Weise soll die Wahl des gesünderen Produkts einfacher fallen.
Wie wird der Nutri Score berechnet?
Ein Produkt, das den Nutri Score erhalten soll, benötigt eine Nährwerttabelle. Das bedeutet, lose Lebensmittel, wie z. B. unverpackte Äpfel, können keine Kennzeichnung bekommen. Anhand der Nährwerttabelle werden die positiven und negativen Aspekte eines Produkts miteinander verrechnet.
Als positiv gelten Nährstoffe, die man reichlich zu sich nehmen sollte. Dazu zählen z. B. Ballaststoffe, Proteine, Obst und Gemüse. Als negativ bewertet werden z. B. viel Zucker, Salz oder gesättigte Fettsäuren. Auch das gesamte enthaltene Fett und die Kalorien eines Produktes im Allgemeinen zählen auf der negativen Seite mit hinein.
An dieser Art der Berechnung gibt es jedoch einiges an Kritik, besonders aus der Bio-Branche:
Essenzielle Fettsäuren sind z. B. besonders in hochwertigen Pflanzenölen enthalten. Diese sind wichtig für deinen Körper, da er sie nicht eigenständig produzieren kann. Trotzdem würde ein Pflanzenöl, das meist zu über 90 % aus Fett besteht, laut Nutri Score niemals eine grüne Bewertung erhalten. Ähnlich verhält es sich mit Ölsaaten: Sesam und Sonnenblumenkerne tragen aufgrund des Fettgehalts negativ zum Nutri Score Wert bei, da sie nicht als Obst oder Gemüse gezählt werden. Nüsse hingegen zählen zu dieser Gruppe und verbessern so den Wert: Siehst du, welches Problem wir damit haben?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt einer erwachsenen Person, pro Tag 30 bis 40 g Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Auch in der Health-Claims-Verordnung zählt ein Lebensmittel als „ballaststoffreich“, wenn von 100 g des Produkts mindestens 6 % (folglich 6 g) aus Ballaststoffen bestehen. Der Nutri Score hört bei 4,7 % auf, Ballaststoffe weiter als positiv zu zählen. Es scheint, als hätten nicht mehr als diese 4,7 g Ballaststoffe einen positiven Einfluss. Gerade bei Produkten, die Vollkornzutaten beinhalten, ist dies ein Nachteil.
Andere Inhaltsstoffe werden überhaupt nicht mit zum Score gezählt. Dies kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Produkt haben. In Aufstrichen oder Saucen zählen z. B. gefriergetrocknetes Obst oder Mehl aus Hülsenfrüchten nicht zur positiven Bewertung.
Im Umkehrschluss können über 300 teilweise umstrittene Zusatzstoffe verwendet werden, um die Nutri Score Wertung zu verbessern: Geschmacksverstärker, synthetische Aromen oder Süßstoffe gelten als nicht nährwertrelevant und werden daher gänzlich außen vorgelassen.
Eine Konsequenz dessen ist, dass eine Coca-Cola Light einen besseren Nutri Score (hellgrünes B) erhält als ein Apfelsaft ohne Zusätze (im Durchschnitt ein gelbes C).
Hilft mir der Nutri Score, eine gesündere Entscheidung zu treffen?
Ja & Nein, bis zu einem gewissen Grad kann der Nutri Score dir dabei helfen, die eigene Produktwahl zu überdenken. Wer sich intensiver mit der eigenen Ernährung beschäftigt, der wird schnell an die Grenzen des Nutri Scores stoßen. Neben den zuvor erwähnten Blindflecken gibt es beim Nutri Score noch weitere: Nährstoffe und Zutaten werden z. B. nicht aufgeschlüsselt. Folglich hilft er weder Allergikern, noch Personen, die bestimmte Inhaltsstoffe meiden möchten. Hier heißt es weiterhin: Zutatenliste studieren!
Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe werden vom Nutri Score ebenfalls nicht berücksichtigt. Genauso wie die ökologische Erzeugung und der Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln. Wer sich also eine genauere Erkenntnis zur den Mikronährstoffen eines Lebensmittels wünscht oder Wert auf biologischen Anbau legt, wird auch hier enttäuscht.
Warum nutzt Govinda den Nutri Score nicht?
Wir finden, der Nutri Score hat noch viel Potential zur Verbesserung, unter anderem genau aus den zuvor erwähnten Gründen. Bio-Lebensmittel schneiden in der Regel schlechter ab, als ihre konventionellen Pendants. Das liegt unteranderem daran, dass die Bio-Branche sich auf die Fahne geschrieben hat, ohne Zusatzstoffe zu arbeiten und natürliche und unverarbeitete Zutaten zu verwenden. Statt z. B. synthetische Aromen zu verwenden, die nicht zum Score hinein zählen, nimmt die Bio-Branche gerne echtes Obst für die Verwendung in ihren Produkten. Das hat zur Folge, dass der Zuckergehalt des Lebensmittels steigt und folglich die Nutri Score Bewertung schlechter wird. Wir finden, das ist für den Verbraucher, also dich, irreführend.
Das "Schöner-Tricksen“ von Lebensmitteln durch starke Verarbeitung und künstliche Zusatzstoffe geht uns gegen den Strich!
Ein weiterer Aspekt ist, dass Unternehmen, die sich für den Nutri Score entscheiden, alle Produkte einer Marke innerhalb von zwei Jahren umstellen müssen. Wir sind keine große Firma mit riesigen Absatzzahlen. Dennoch müssen wir gewisse Abnahmemengen bei unseren Lieferanten und der Druckerei einhalten, um Preise gewährleisten zu können. Darum können wir nicht alle unsere Verpackungen in diesem Zeitraum umstellen, ohne davon etwas zu vernichten. Auch das geht gegen unsere Prinzipien und Werte.
Zu guter Letzt ist der Nutri Score nicht von der europäischen Union initiiert. Vielmehr liegen die Rechte bei der Santé publique France, einer Behörde des französischen Gesundheitsministeriums. Die EU hat jedoch vor, bis Ende 2022 ein einheitliches, verpflichtendes Nährwertkennzeichnungsmodell in die Wege zu leiten.
Statt jetzt vorschnell mit der Übertragung des Nutri Scores auf unsere Produkte zu starten, nur um dann in kurzer Zeit wieder alles umschwenken zu müssen – da warten wir lieber noch ein wenig ab und schauen, was die Zukunft noch bereithält.